Erasmus-Tagebuch

von Alexander Urban


Preproduction

Die ersten zwei Wochen

In den ersten zwei Wochen meines Erasmus-Volontariats konnte ich tief in die letzten Schritte der Vorproduktion eintauchen, die für den bevorstehenden Dreh von entscheidender Bedeutung waren. Eine meiner Hauptaufgaben bestand darin, die Abnahmen bei den Kostümfittings zu begleiten. Gemeinsam mit dem Kostümdepartment und teilweise dem Kameramann wurden Kostümvorschläge für die Schauspieler*innen besprochen und verschiedene Optionen getestet. Hierbei war es spannend zu beobachten, wie stark die Kleidung die Charaktereigenschaften der Figuren widerspiegeln sollte. Dabei spielte auch das Wohlbefinden der Schauspieler*innen eine Rolle – ein entscheidender Faktor für die Authentizität ihrer Darstellung.

In diesem Film ist die Clownerie ein zentrales Element, das in Kontrast zu den antagonistischen Mächten steht und ihre unterschiedlichen Weltanschauungen hervorhebt. Der Clown-Charakter etwa projiziert seine Schwächen und Eigenheiten nach außen und wird dadurch einzigartig und nahbar. Die Kostüme unterstützen diese Projektion und helfen, die Entwicklung der Charaktere festzuhalten, da die Geschichte über ein Jahrzehnt hinweg erzählt wird. Die Planung war logistisch herausfordernd, insbesondere für Szenen mit großen Menschenmengen und Gruppen von Clowns.

Zusätzlich zu den Hauptfiguren-Kostümen gab es für die Komparserie ein übergeordnetes Farbkonzept, das jedoch darauf abzielte, die Natürlichkeit zu bewahren und den dokumentarischen Stil des Films nicht zu beeinträchtigen. Nach den Kostümabnahmen wurde die visuelle Erscheinung der Figuren durch die Arbeit des Masken-Departments ergänzt. Auch hier lag der Fokus auf einem naturalistischen Ansatz, insbesondere für die Hauptfigur, deren Clown-Kostüm sowohl ihre Persönlichkeit als auch die Lebensumstände widerspiegeln sollte.

Drehbuchanpassungen und Regieansatz

In den letzten zwei Wochen vor Drehbeginn gab es Anpassungen am Drehbuch, die aus Erkenntnissen der Schauspielproben entstanden. Besonders für die Drehtage mit Kindern wurden spezifische Änderungen vorgenommen. Da der Regisseur Adrian Goiginger stark auf Improvisation setzt und klassische Proben (z.B. Spielszenen) vermeidet, entwickelten die Figuren in den Proben oft eine neue Tiefe, was sich auf das Drehbuch auswirkte. Die emotionalen Zustände der Protagonistin und ihre Reaktionen auf äußere sowie innere Faktoren standen im Fokus. Eine der Herausforderungen bestand darin, die emotionale Entwicklung der Figur präzise darzustellen, ohne dass dabei Informationen zu früh offenbart werden und die Empathie des Publikums beeinträchtigt wird. Diese Änderungen mussten schnell entschieden werden, um eine rechtzeitige Anpassung in allen Departments zu gewährleisten, insbesondere unter Berücksichtigung des Montagekonzepts.

Kameraarbeit und Filmstil

Ein spannender Aspekt waren die Besprechungen mit dem Kameramann, da in diesem Film, wann immer möglich, mit zwei Kameras gearbeitet wird, was dem Werk eine dokumentarische Ästhetik verleiht. Diese Arbeitsweise, kombiniert mit den improvisierten Dialogen der Schauspieler*innen, beeinflusste die Auswahl der Einstellungen stark. Inserts machten beispielsweise nur dann Sinn, wenn sie als Point-of-View der Protagonistin interpretiert werden konnten. Der Bildstil fokussiert sich auf nahe Einstellungen, um die Geschichte unmittelbar aus der Perspektive der Protagonistin erleben zu lassen. Dabei fungiert die Kamera als begleitendes Element, das die Zuschauer*innen nicht als distanzierte Beobachter*innen, sondern als Teil der Handlung positioniert.

Besonders spannend war die Auswahl der Brennweite, die gezielt im dramaturgischen Bogen variiert wird, um emotionale Zustände und Spannungen der Protagonistin zu verstärken. So sorgen längere Brennweiten in Schlüsselmomenten für ein intensiveres Nähegefühl, während weitwinkligere Aufnahmen gezielt für Distanz oder Isolation eingesetzt werden. Zur Unterstützung der dokumentarischen Dynamik wird vor allem mit einem Easyrig gearbeitet, um maximale Flexibilität zu gewährleisten. Statische Aufnahmen werden mit einem Shockreducer ausgeführt, um ein leichtes Wackeln zu ermöglichen und dennoch den dokumentarischen Stil beizubehalten.

Clownerie und Requisiten

Die Clownerie spiegelte sich auch in der Requisitenabnahme wider, wo jedes Objekt detailliert besprochen und wenn nötig, angepasst wurde. Durch die Clownelemente, die den gesamten Film durchziehen, musste für die Clown-Acts spezielle Mechaniken entwickelt werden. Besonders interessant war, welche Requisiten durch ihren Wiedererkennungswert ein emotionales Setup und Payoff erzielen sollten.

Schauspielbesprechungen und Figurenentwicklung

Wichtige Einblicke erhielt ich in den Schauspielbesprechungen, in denen die Figuren intensiv diskutiert wurden. Bei diesen Besprechungen wurde jede Rolle vertieft, Änderungen besprochen und Ergebnisse aus den Proben reflektiert. Besonders wertvoll war es, wenn Konstellationen wie z.B. „Eltern“ zusammen analysiert wurden, da dies half, die Verbindungen der Figuren zu verstehen. Ein wichtiger Aspekt war dabei der Bezug zur wahren Begebenheit der Geschichte: Inwiefern sollten die Figuren an die Realität angelehnt sein, und an welchen Punkten war es sinnvoll, sie für die filmische Wirkung zu adaptieren?

Eure Paläste Aufführung Athanor Akademie Passau